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  • AutorenbildRomy

Meine Mutter, die kleine, starke Frau

Meine Mutter, die kleine, starke Frau, hat viel zu tun. Sie steht inmitten von Umzugskartons und verpackt über 40 Jahre altes Porzellanservice für 12 Personen, das sie sich zur Hochzeit von der versammelten Verwandtschaft gewünscht hatte. In wenigen Wochen verlassen meine betagten Eltern die Heimat - mein Vater sein Geburtshaus, meine Mutter ein Zuhause, das ihr ein sehr viel angenehmeres Leben ermöglicht hatte als ihr Heimatland, die Philippinen.



Meine Schwester und ich helfen freilich beim Packen. Wir können erst nicht verstehen, warum das olle Porzellan mit umziehen muss. „Kannste ja nicht mal in die Spülmaschine stecken, da is Silber dran, Mama!“... Die Reaktion meiner Mutter: zuckende Schultern, kaum merkliches Lächeln. Letztendlich geht es natürlich nicht um den praktischen Nutzen. Und selbst der Hochzeitstag spielt eine eher untergeordnete Rolle. Für meine Mama bedeutete das Porzellan damals einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen - fernab von Sorgen und Existenzängsten.


Die Sorgen sind geblieben


Existenzängste musste meine Mutter nach ihrer Einwanderung nach Deutschland nicht mehr haben. Als Krankenschwester hatte sie ein ausreichendes Einkommen, mit meinem Vater einen Ehemann, der sie unterstützt und ihr jeden Tag treu und liebevoll zur Seite steht. Was die Sorgen angeht...die begleiten meine heute 70 Jahre alte Mama noch immer.


Damals war es der Kulturschock, das schlimme Heimweh und die Fremdenfeindlichkeit, die sie sogar in der eigenen, neuen Familie erleiden musste. Heute ist es der Krebs, den sie hoffentlich und mit einer Portion Glück erfolgreich bekämpft hat. Meine kleine, starke Mama hat alles ertragen und sich niemals beklagt. Und genau aus diesem Grund bin ich wahnsinnig stolz auf sie.


Die Familie steht an erster Stelle


Ich bin stolz, dass sie sich niemals hat unterkriegen lassen. Weltoffen und trotzdem tief verbunden mit ihren Traditionen hat sie uns Kinder gelehrt, dass die Familie an erster Stelle steht und wir immer füreinander da sind - egal was kommt. Und genau deshalb packen meine Schwester und ich die wichtigen Artefakte ihrer Vergangenheit ohne weitere Diskussionen in Seidenpapier und freuen uns sehr darauf, dass wir unseren Eltern in Zukunft näher sind.

197 Schritte entfernen ihr neues Zuhause von meinem. 197 Schritte, die ich brauche, um „da zu sein“, wenn etwas ist. 197 Schritte und ein paar mehr, die meine Kinder brauchen, um die neue Wohnung mit noch mehr Leben zu füllen.


Dieser Beitrag ist für dich, liebste Mama, du kleine, starke Frau! Alles Gute zum Muttertag!

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