Es gibt so gut wie keine Geheimnisse zwischen mir und meinem Mann. Natürlich spreche ich jetzt nur für mich. Aber bis auf eine klitzekleine Kleinigkeit kann ich - meinen Geheimvorrat an Schokolade mal ausgenommen - nichts vor ihm verbergen. Bis jetzt.
Diese klitzekleine Kleinigkeit war dabei kein unwillkürlicher Ausrutscher. Nein, ich habe sie mit purer Absicht geplant. Sie hat mir nämlich genau das gegeben, wovon es in einer Familie manchmal zu wenig gibt: zarte, süsse, großartige Freiheit.
Dass sie mir fehlt, wird mir immer dann bewusst, wenn ich zuhause mal wieder zum Nabel der Welt werde: Ich bin Schiedsrichterin, wenn sich meine Kinder um einen leeren Joghurtbecher prügeln. Ich wische zum dritten Mal einer geheimnisvollen Spur hinterher, die sich später als angelutschtes Trockenobst unter dem Fuss meines Mannes entpuppt. Und während ich durchs Fenster den netten Müllmännern zuwinke, fällt mir ein, dass keiner die Tonne rausgestellt hat.
Manchmal ist einfach Abhauen eine sehr gute Option
In solchen Momenten möchte ich gerne den Kopf in den Sand stecken. Das Problem dabei ist nur, dass der ganze Hintern dabei noch raushängt und dieser in maximal 7 Sekunden von meiner Familie gefunden wird. Damals wollte ich aber nicht gefunden werden. Ich wollte abhauen. Also habe ich mir last minute ein Hotelzimmer gebucht.
Meinem Mann habe ich zugemurmelt, dass ich am besagten Wochenende “...hdje^$bsksk..” mache. Ich bin mir bis heute nicht sicher, was er da genau verstanden hat. Aber er hat nur genickt und nicht weiter nachgefragt. Ich habe mir ganz schnell eine Unterhose geschnappt, Zahnbürste und Kindle eingepackt und die Tür ins Schloss geknallt.
Meine Freiheit hat wunderbar geschmeckt!
Ich will hier ja niemanden auf dumme Gedanken bringen. Aber ... IHR MÜSST DAS UNBEDINGT AUCH MAL MACHEN!! Meine Freiheit hat wunderbar geschmeckt: Ich habe nachmittags auf einem Weinfest 7 Gratis-Gläser wild durcheinander verköstigt, gleich im Anschluss alleine einen sehr grossen Cocktail bei Tageslicht auf dem Marktplatz getrunken, möglicherweise ein bisschen geshoppt und mir dann einen richtig fetten Burger mit Pommes zum Mitnehmen bestellt. Um etwa 18.30 Uhr habe ich in meinem Hotelbett geschlafen wie ein Stein.
Es war so gut, ich konnte es meinem Mann nicht beichten. Der wiederum hatte nämlich in der gleichen Nacht ein paar Stunden “Die Reise nach Jerusalem” gespielt und haushoch gegen unsere Kinder verloren. Ich tröste mich aber mit dem Gedanken, dass wir letztendlich alle was von meiner Auszeit hatten. Mein Akku hatte wieder 100 Prozent. Meine Kinder haben gestrahlt, weil ich neuen Joghurt besorgt hatte. Und mein Mann hat sich über ein 5er-Pack neue Socken gefreut. An die Tonnen haben wir bei der nächsten Leerung übrigens gleichzeitig gedacht und vorsorglich 4 Tage vorher rausgestellt.
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